Mehr Rücksicht, mehr Achtsamkeit und mehr Miteinander!
fahrradmobilitätskonzept des
landes niedersachsen
Im März 2021 wurde das Fahrradmobilitätskonzept vom Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung veröffentlicht.
Es hat verschiedene Handlungsfelder und Maßnahmen rund um die Radverkehrsförderung identifiziert, um bis 2025 noch mehr Menschen für die Nutzung des Fahrrads in Niedersachsen zu begeistern.
Ein wichtiges Handlungsfeld ist die Verkehrssicherheit (H4). Klares Ziel ist die Reduktion der getöteten und verletzten Radfahrenden um mindestens 20 Prozent bis 2025.
Auf Grundlage des Fahrradmobilitätskonzeptes hat die Landesverkehrswacht Niedersachsen, als zentraler Partner im Handlungsfeld Verkehrssicherheit, gemeinsam mit dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung und dem Ministerium für Inneres und Sport, eine mehrjährige Kampagne konzipiert, die sympathisch über Regeln und Fehlverhalten aufklären und sensibilisieren soll, sowie das Miteinander, die gegenseitige Rücksichtnahme und Achtsamkeit thematisiert.
BEDEUTUNG DES RADVERKEHRS
- Das Fahrrad liegt in Deutschland mehr denn je im Trend. Viele Bürgerinnen und Bürger haben in den letzten Jahren das Radfahren neu für sich entdeckt. Das Radverkehrsaufkommen hat seit der Corona-Pandemie weiter zugenommen und gewinnt damit zusätzlich mehr an Bedeutung. Immer häufiger müssen sich Radfahrende und Autofahrende den Straßenraum teilen. Das Miteinander im Straßenverkehr und die Sicherheit für Radfahrende stehen folglich besonders im Fokus.
- Ob als Verkehrsmittel für den Weg zur Arbeit, zur Schule oder Ausbildung, zum Sport, zum Ausflug mit der Familie oder auch im Urlaub: viele nutzen hierfür das Fahrrad; 55 Prozent der Menschen halten es für ein unverzichtbares Verkehrsmittel.
- Rund 80 Prozent aller Haushalte in Deutschland besitzen mindestens ein Fahrrad, in 30 Prozent sind drei oder mehr Fahrräder vorhanden, die immer öfter zum Einsatz kommen.
- Radfahren hat viele Vorteile: Es entlastet die Umwelt, ist klimaschonend, günstig und angesagt, fördert die Gesundheit und die eigene Fitness und bringt auf kurzen Strecken oft Zeitersparnisse mit sich.
UNFALLLAGEBILD RADVERKEHR NIEDERSACHSEN
- Im Jahr 2023 sind mit insgesamt 71 Personen rund 22 Prozent mehr Fahrrad Fahrende tödlich verunglückt als im Jahr zuvor. 32 von ihnen nutzten ihr Pedelec, als es zu dem tödlichen Unfall kam.
- Nutzung der falschen Fahrbahnseite, Alkoholbeeinflussung und Fehler beim Einfahren in den Verkehr waren die häufigsten, spezifischen Unfallursachen Radfahrender.
- Alle 49 Minuten kam in Niedersachen ein Fahrrad Fahrender zu Schaden.
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport
Unsere Vision ist der unfallfreie Straßenverkehr.
Zielsetzung der Kampagne
KAMPAGNE ZUR VERBESSERUNG DER SICHERHEIT IM RADVERKEHR UND FÜR MEHR MITEINANDER
- Die Kampagne soll zu einer Reduktion der Unfallzahlen im Radverkehr in Niedersachsen beitragen.
- Wir möchten an die wichtigen Spielregeln erinnern und für mehr Rücksicht und ein besseres Miteinander werben. Nur so können Unfälle vermieden werden.
- Durch die Kenntnis der Verkehrsregeln und ihre Akzeptanz, durch das Wissen um mögliche Risiken und Gefährdungen und eine umsichtige und aufmerksame Fahrweise können Unfälle vermieden werden.
- Radverkehr gilt als einer der zentralen Bausteine für die Verkehrswende und einen nachhaltigen Mobilitätsmix. Für den Radverkehr sind eine hohe tatsächliche (objektive) aber auch gefühlte (subjektive) Sicherheit wichtig. Dies gilt insbesondere in Städten und Regionen mit zunehmenden Radverkehr.
- Mit ausdruckstarken und symbolträchtigen Aktionselementen, platziert an unfallträchtigen Straßen und an Kreuzungen im urbanen Raum, wollen wir die Menschen erreichen.
- Einen wesentlichen Beitrag zu mehr Rücksicht und Vorsicht leistet die Schärfung des Gefahrenbewusstseins sowohl beim Führen eines Kraftfahrzeugs als auch bei der Nutzung eines Fahrrads.
- Im Rahmen der Kampagne werden besonders kritische Verhaltensweisen angesprochen, die dabei helfen sollen, das Unfallrisiko zu senken und es wird für ein besseres Miteinander geworben.
„Wir wollen das Bewusstsein der Beteiligten für die Thematik stärken.“
bessere Rücksichtnahme zu Fuß Gehender und Radfahrender aufeinander
In der Unfallstatistik der letzten Jahre zeigt sich eine deutliche Zunahme der Fuß-Rad-Unfälle. Den 4517 Unfällen im Jahr 2022 stehen 3.647 im Jahr 2002 gegenüber. So wurden im Jahr 2022 724 Personen schwer verletzt, 13 davon sogar tödlich.
Quelle: Statistisches Bundesamt (2023 und 2003) Fachserie 8 Reihe 7. Verkehr: Verkehrsunfälle 2022 bzw. 2002
Vor diesem Hintergrund wurde im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer (UDV) eine detaillierte Unfallanalyse erarbeitet.
Das Unfallgeschehen ist geprägt von Unfällen im Längsverkehr, die sich in etwas mehr als der Hälfte der Fälle auf Radverkehrsflächen ereignen. Es bedeutet aber auch, dass sich fast die Hälfte der Unfälle auf Flächen ereignet, die eigentlich für den Fußverkehr gedacht sind – entweder regelwidrig oder nach Freigabe für den Radverkehr auch regelkonform.
Unfallauffällig sind:
- gemeinsame Geh- und Radwege, Fußgängerzonen
- Haltestellenbereiche des ÖPNV
- Anlagen für parkende Kfz
Fehlverhalten auf beiden Seiten trägt viel zum Unfallgeschehen bei. Die mangelnde Beachtung des Vorranges sind Ursache vieler Konfliktsituationen zwischen Fuß- und Radverkehr. So verursachen Radfahrende durch falsches Verhalten gegenüber zu Fuß Gehenden an Fußgängerüberwegen, an Haltestellen, beim Abbiegen oder durch verbotswidrige Benutzung von Flächen für den Fußverkehr, Unfälle. Falsches Verhalten von zu Fuß Gehenden zeigt sich etwa im Überschreiten der Radflächen, ohne auf den Radverkehr zu achten und das plötzliche Hervortreten hinter Sichthindernissen (meist parkende Autos).
Quelle: Unfallforschung der Versicherer im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, www.udv.de, Oktober 2023
„Wir wollen vorausschauendes Fahren, die Rücksichtnahme auf vulnerable Verkehrsteilnehmer und das Miteinander fördern.“
FEHLENDE GEGENSEITIGE RÜCKSICHTNAHME
Bereits der 1. Paragraph der Straßenverkehrsordnung (StVO) legt die zwei Grundregeln für das sichere Verhalten aller Verkehrsteilnehmenden im Straßenverkehr fest. Er beinhaltet die Grundregeln für die Teilnahme am Straßenverkehr. Laut § 1 StVO sind alle Verkehrsteilnehmer zu gegenseitiger Rücksichtnahme und ständiger Vorsicht aufgefordert. Diese Grundregel ist essenziell, um Unfälle zu vermeiden. Rücksicht und Vorsicht sind das A & O.
„Wir wollen tödliche Abbiegeunfälle (Toter Winkel) verhindern bzw. alle für Kreuzungsrisiken sensibilisieren.“
Abbiegen, ohne auf den Radverkehr zu achten
Jede vierte im innerörtlichen Straßenverkehr verunglückte Person ist ein Radfahrender. Unfälle mit abbiegenden Kraftfahrzeugen und geradeaus fahrenden Radfahrenden machen dabei einen erheblichen Anteil an Radverkehrsunfällen aus und sind zumeist sehr schwer in ihren Folgen. Abbiegeunfälle stellen dabei nach Einbiege-/Kreuzen-Unfällen die häufigste Unfallkonstellation dar.
Quelle: Unfallforschung der Versicherer (UDV)
Bei Abbiegevorgängen ist grundsätzlich ein umsichtiges und rücksichtsvolles Verhalten aller Verkehrsteilnehmer erforderlich. Auch ein Abbiegeassistent entbindet Fahrende nicht von ihrer Sorgfaltspflicht. Eine vorausschauende und rücksichtsvolle Fahrweise – auf allen Seiten – ist das A und O zur Vermeidung von Abbiegeunfällen. Auch Fahrradfahrende sollten daran denken, langsam zu fahren und in Situationen, in denen ein Kraftfahrzeug abbiegen könnte, Blickkontakt aufzunehmen. So tragen Verständigung und gegenseitige Rücksichtnahme zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer bei.
„Wir wollen Überholunfälle vermeiden und kritische Situationen entschärfen.“
Überholen von Rad Fahrenden ohne ausreichenden Abstand
Seit Anfang des Jahres 2020 ist in der Straßenverkehrsordnung (StVO) ausdrücklich geregelt, dass Kfz beim Überholen von Fahrrädern innerorts mindestens 1,5 Meter Abstand halten müssen und außerorts mindestens 2 Meter. Der Mindestabstand gilt auch beim Überholen an Schutzstreifen und an Radfahrstreifen. Ist nicht genug Platz, muss der Pkw hinter dem Fahrrad bleiben.
Dass Autos beim Überholen Abstand halten, ist für Radfahrer überlebenswichtig. Mangelnde Überholabstände sind häufig auch indirekte Unfallquellen, wenn beispielsweise jemand durch zu dichtes Überholen eines Kfz erschrickt und einen Fahrfehler begeht.
Die Neuregelung ist allerdings immer noch viel zu wenig bekannt.
Quelle: Mobilnetzwerk Hannover; Feldversuch 2021; 25 Radfahrende; ein Monat, Juli 2021
„Wir wollen einhergehende Ausweichunfälle vermeiden.“
Parken auf Radverkehrsflächen
Gemäß StVO ist das Halten und Parken auf einem Schutzstreifen oder Radfahrstreifen verboten. Autofahrende müssen beim Überholen von Fahrrädern generell den festgelegten Mindestabstand (1,5 m / 2,0 m) einhalten.
Wer sein Fahrzeug regelwidrig auf einem Schutzstreifen oder Radfahrstreifen parkt, nimmt für seinen eigenen Vorteil den Nachteil anderer in Kauf. Für Fahrradfahrende, die dann ausweichen müssen, steigt das Unfallrisiko erheblich.
„Wir wollen Abbiege- und Einmündungsunfälle reduzieren.“
Rad fahren auf der falschen Fahrbahnseite (Geisterradler)
Nach einer Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt 2015) fahren bis zu 20 % der Radfahrenden auf Radwegen entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung. Dieses sogenannte „Geisterradeln“, also das regelwidrige Linksfahren, gehört zu den Hauptursachen der Unfälle, die durch den Radverkehr selbst verursacht werden. Entgegen der Fahrtrichtung darf nur dann gefahren werden, wenn dies durch Zusatzzeichen ausdrücklich erlaubt wird.
Doch so mancher Radfahrende sieht einen Radweg und nutzt ihn prompt – egal, wo er angelegt ist und egal, ob ihm Radler entgegenkommen. Für Radfahrende sind entgegenkommende „Geisterradler“ ein Ärgernis, da Radwege in der Regel nur für Einrichtungsverkehr vorgesehen sind. Die Folge sind häufig gefährliche Ausweichmanöver.
Oft werden auch Kreuzungen, Einmündungen und Grundstücksausfahrten zu Gefahrenpunkten, weil Autofahrer nicht mit Radfahrenden rechnen, die auf der falschen Seite unterwegs sind.
„Wir wollen, dass Radfahrende im Straßenverkehr gerade in der dunklen Jahreszeit nicht übersehen werden und damit lebensgefährliche Situationen vermieden werden.“
höheres Unfallrisiko in der dunklen Jahreszeit
Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat hat ermittelt, dass allein zwischen November und Januar im Schnitt ein Drittel mehr sog. ungeschützte Verkehrsteilnehmende verunglücken als im Rest des Jahres. Speziell Radfahrende, zu Fuß Gehende, aber auch Mofa- und E-Scooter-Fahrende, sind bei Dunkelheit aufgrund ihrer schlechteren Erkennbarkeit gegenüber Pkw und Lkw stärker gefährdet.
Bei Dunkelheit und Dämmerung sind diese oft nur schwer für andere Verkehrsteilnehmende zu erkennen. Helle Kleidung und reflektierende Materialien sind eine Möglichkeit die Sichtbarkeit zu verbessern. Personen, die reflektierende Materialien tragen, sind deutlich sicherer unterwegs – die Sichtbarkeit vergrößert sich um ein Vielfaches. Weitere Sicherheit bieten leuchtendes Zubehör wie eine Warnweste, Leuchtstreifen auf dem Rucksack oder ein Helm mit eingebautem Rücklicht.
Voraussetzung für eine gut funktionierende Fahrzeugbeleuchtung, auf die Fahrzeugführende achten müssen, sind saubere Scheinwerfer sowie Rückleuchten, Blinker und Bremsleuchten. Dreck, Schmutz und evtl. Eis sollten auch von der Windschutzscheibe entfernt werden, um die Sicht im Dunkeln nicht noch zusätzlich zu verschlechtern. Nicht selten sind schlechte Sicht, das Unterschätzen des Bremsweges, Glätte und mangelndes Blickverhalten Ursache für Unfälle. Hier gilt: Achtsamkeit und Geschwindigkeit den Sichtbedingungen anpassen!
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